© Ruedi Aeschlimann
Wiedehopf
Newsletter Wiedehopf-Wendehals
Die News zur Förderung von Wiedehopf und Wendehals finden Sie hier.
Merkblätter & Aktionsplan
Bau von Wiedehopf-Nisthilfen.
Guillod, N., B. Frey, H. Schudel, R. Ayé (2014)
Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, Zürich
Aktionsplan Wiedehopf Schweiz.
Mühlethaler, E. & M. Schaad (2010)
Bundesamt für Umwelt, Schweizerische Vogelwarte, Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, Bern, Sempach und Zürich
Vögel brauchen lückige Vegetation zur Nahrungssuche. Faktenblatt.
Schaub, M., N. Zbinden, N. Martinez, M. Maurer, A. Ioset, R. Spaar, N. Weisshaupt & R. Arlettaz (2008)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Bis in die 1960er-Jahre war der Wiedehopf ein verbreiteter Brutvogel in den Niederungen der ganzen Schweiz, sowie im zentralen und östlichen Jura. Heute konzentriert sich das Vorkommen auf das Walliser Rhonetal, zusätzlich weisen die Kantone Tessin, Waadt und Graubünden regelmässig besetzte Brutplätze auf. Im Mittelland finden aktuell nur noch vereinzelte Bruten an nicht regelmässig besetzten Orten statt. Die grossräumige Bestandsentwicklung mit geringen Beständen zwischen Ende des 19. und bis gegen Mitte des 20. Jahrhunderts, die anschliessende Bestandszunahme in den 1940er- und 1950er-Jahren mit trocken-warmer Witterung zur Brutzeit sowie Untersuchungen im Wallis weisen auf die starke Empfindlichkeit des Wiedehopfs gegenüber nass-kaltem Wetter hin. 2007/08 wurde der Bestand auf 180–220 Brutpaare geschätzt.
Lebensraumansprüche
Der Wiedehopf brütet in teilweise offenen und reich strukturierten warmen Gebieten mit wenigen Niederschlagstagen während der Brutzeit. Für den Nahrungserwerb braucht er vegetationsarme oder kurzrasige Flächen mit weichem Boden und einem reichen Angebot an Grossinsekten (insbesondere Maulwurfsgrillen, Engerlinge, Erdraupen, aber auch Feldgrillen, Käfer sowie Spinnen). Geräumige Fäulnis- und Spechthöhlen, Nischen in Gebäuden und Mauern sowie Nistkästen dienen ihm als Nistplatz.
Gefährdung
Neben Klimaveränderungen und Habitatverlust wurden insbesondere die Verringerung des Nahrungsangebots und der Mangel an geeigneten Nistplätzen für den Rückgang verantwortlich gemacht. Gezielte Störung am Brutplatz, zum Teil durch Fotografierende.
Limitierende Faktoren
Lückige, eher niederwüchsige Bodenvegetation mit genügendem Angebot an Grossinsekten, v.a. Maulwurfsgrillen, Engerlingen und Erdraupen in Nestnähe. Stellenweises Angebot an geeigneten Nistplätzen.
Perspektive
Die Bereitstellung von Nisthilfen in Gegenden mit einem genügenden Nahrungsangebot könnte zu einer Zunahme führen. Der ökologische Ausgleich könnte sich positiv auswirken, insbesondere in Hochstammobstgärten und Rebbergen mit ökologischer Qualität gemäss DZV. Die weitere Entwicklung dürfte auch stark von den künftigen Witterungsverhältnissen zur Brutzeit abhängen.
Schutzstatus
Rote Liste CH: VU, verletzlich
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: streng geschützt (Anhang 2).
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
- Gemeinsam mit der Schweizerischen Vogelwarte erforscht die Universität Bern im Wallis die Förderungsmöglichkeiten für den Wiedehopf. Die Ornithologische Arbeitsgruppe Graubünden (OAG) führt seit 2001 Erhebungen des Bündner Brutbestands durch. Ab 2003 wurde die Suche nach Brutplätzen intensiviert und zudem das Nistplatzangebot gezielt erhöht. Seit 2008 werden zudem Vernetzungsprojekte zur Wiedehopfförderung beraten.
- Im Tessin erheben Ficedula und der SVS/BirdLife Schweiz den Wiedehopfbestand seit 2006 systematisch. Zudem werden Landwirte gezielt in der Wiedehopfförderung beraten, Nistkästen aufgehängt, Teilflächen zur Fütterungszeit gemäht und Hochstamm-Obstbäume gepflanzt.
- Seit 2006 wird auch am Nordufer des Genfersees der Brutbestand des Wiedehopfs erhoben. Zudem wurde der Bestand an Nisthilfen auf rund 360 erhöht und Lebensraumaufwertungen in den Rebbergen vorgenommen.
- In zahlreichen Regionen werden von ornithologischen Gruppierungen Nisthilfen installiert und Lebensraumaufwertungen gemacht: Waadtländer Nordjura (rund 50 Nisthilfen seit 2007), Kanton Neuenburg (seit 2005), Kanton Genf (rund 100 Nisthilfen seit 2011), Untere Reusstalebene (seit 1996), Hüttwilersee (seit 2007), Bad Ragaz und Fürstentum Liechtenstein (seit 2003).
- Seit 1994 läuft ein Artenförderungsprogramm in Südbaden. Am Kaiserstuhl (D) stieg die Population dank eines optimalen Angebots von Nistkästen und Habitataufwertungen von 6 (1993) auf 118 (2011) Brutpaare. Die Region südlich des Kaiserstuhls wurde wiederbesiedelt (2011: 16 BP) und die Nachbarpopulation im Elsass entlang des Vogesenrandes wächst dank verbessertem Nisthilfenangebot ebenfalls wieder (2011: 18 BP). Diese Entwicklung nährt die Hoffnung auf eine Wiederbesiedlung der Nordwestschweiz.
- Im Rahmen des Programms «Artenförderung Vögel Schweiz» wurde 2010 ein nationaler Aktionsplan veröffentlicht.
Forschungsprogramme
- Die Bestandsentwicklung des Wiedehopfs in den verschiedenen Regionen wird in Zusammenarbeit mit regionalen Artenförderungsgruppen erhoben.
- Neben der Bestandsentwicklung wird im Wallis auch das Verhalten im Brutgebiet und auf dem Zug sowie die Nahrungsökologie des Wiedehopfs untersucht. Dazu wurden mehrere Diplomarbeiten und eine Dissertation durchgeführt (Universitäten Bern und Zürich, Schweizerische Vogelwarte). Mit dem Einsatz von Geolokatoren wird versucht, die Überwinterungsquartiere der Schweizer Wiedehopfe zu finden.
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
Limitierender Faktor für das Vorkommen des Wiedehopfs scheint ein genügend grosses Angebot und eine gute Zugänglichkeit der Beutetiere zu sein, vor allem der Maulwurfsgrillen und weiterer Grossinsekten. Ebenfalls wichtig ist ein ausreichendes Höhlen- oder Nistkastenangebot in unmittelbarer Nähe der Nahrungsgebiete. Diese Anforderungen können zumindest örtlich durch Förderung der Beweidung in Obstwiesen, gezielte Massnahmen im Weinbau mit reduziertem Insektizideinsatz, der mechanischen Entfernung der Vegetationsdecke sowie der Einführung resistenter Weinsorten, die wenig gespritzt werden müssen, erfüllt werden. Wichtig ist, dass die Bodenvegetation eine gewisse Lückigkeit aufweist bzw. zumindest örtlich niedrig ist. Im Wallis konnte der Fortpflanzungserfolg der Art erhöht werden, indem Nistkästen direkt im Gebiet mit gutem Nahrungsangebot bereitgestellt wurden. Die vorher nötigen langen Fütterungsflüge zwischen der nahrungsreichen Ebene und den am Hang gelegenen Nistplätzen waren aufwändig und erlaubten nur einen relativ geringen Fortpflanzungserfolg.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Förderung von Hochstammobstgärten mit optimal genutzten Wiesen und Weiden in der Unterkultur.
- Evaluation alternativer Landschaftsstrukturen als Ersatz für verschwindende Obstgärten.
- Räumlich sinnvolles, hohes Angebot an Nistkästen, wenn keine natürlichen Höhlen vorhanden sind.
- Untersuchungen zu Nahrungsökologie und Habitatnutzung und darauf basierend Fördermassnahmen zugunsten von als Nahrung identifizierten Grossinsekten.
- Vernetzung der aktuell besiedelten und potenziell geeigneten Gebiete.