© Tomi Muukkonen
Auerhuhn
Newsletter AG Waldhühner
Die Arbeitsgruppe (AG) Waldhühner und Waldschnepfe ist eine lose Vereinigung von Leuten, die die vier Prioritätsarten für Artenförderungsprogramme Auerhuhn, Haselhuhn, Birkhuhn und Waldschnepfe und ihre Lebensräume kennen und zu ihrer Erhaltung bzw. ihrem Schutz beitragen wollen. Mit ihren Aktivitäten will die AG mithelfen, die Ziele im Rahmenprogramm Artenförderung Vögel Schweiz zu erreichen. Leiter der AG ist Pierre Mollet, der im Programm Artenförderung Vögel Schweiz für die Arten zuständig ist.
Alle Newsletter finden Sie hier.
Anmeldung für Newsletter: Schicken Sie ein Mail an Pierre Mollet (pierre.mollet@vogelwarte.ch).
Merkblätter & Aktionsplan
Aktionsplan Auerhuhn Schweiz.
Mollet, P., B. Stadler & K. Bollmann (2008)
Bundesamt für Umwelt BAFU und Schweizerische Vogelwarte, Bern & Sempach
Birkhühner und Auerhühner brauchen Schutz vor Störungen. Faktenblatt.
Mollet, P., R. Arlettaz, P. Patthey & D. Thiel (2007)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Dringliche Massnahmen zur Förderung des Auerhuhns. Faktenblatt.
Mollet, P. (2002)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Auerhuhn und Waldbewirtschaftung.
Mollet, P. & C. Marti (2001)
Bundesamt für Umwelt BAFU und Schweizerische Vogelwarte, Bern & Sempach
Auerhuhn und Haselhuhn: ihr Schutz in der regionalen Waldplanung.
Blattner, M. & A. Perrenoud (2001)
Bundesamt für Umwelt BAFU und Schweizerische Vogelwarte, Bern & Sempach
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Das Auerhuhn brütet in der Schweiz in Nadel- und Mischwäldern der montanen und subalpinen Stufe des Juras, der nördlichen Voralpen und der Bündner Alpen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist das Verbreitungsgebiet stark geschrumpft, vor allem im östlichen Jura und am westlichen Alpennordrand. Aber auch in den anderen Regionen sind peripher gelegene Lebensräume aufgegeben worden. Zudem sind die Bestände stark zurückgegangen. Die Anzahl der balzenden Hähne im Frühling wurde in den Jahren 1968–1971 auf mindestens 1100, 1985 auf 550 bis 650 und im Jahr 2001 noch auf 450 bis 500 geschätzt.
Lebensraumansprüche
Das Auerhuhn bevorzugt grossflächige, störungsfreie, lückige, reich strukturierte Wälder. Eine gut ausgeprägte Zwergstrauch- (vor allem Heidelbeere) und Krautschicht ist wichtig für die Jungenaufzucht, als Deckung gegenüber Beutegreifern und zur Nahrungsaufnahme. Solche Strukturen finden sich in fortgeschrittenen Sukzessionsstadien und auf wenig produktiven Standorten, aber auch in bewirtschafteten Wäldern mit stufigem und lückigem Aufbau. Zu dichte und zu eintönig aufgebaute Wälder werden gemieden.
Gefährdung
Die wichtigsten Gefährdungsursachen sind der Verlust an geeignetem Lebensraum und die Störungen. Erstere ist teilweise auf nicht auerhuhnfreundliche Waldbewirtschaftung, zu einem wesentlichen Teil aber auch auf die natürliche Dynamik des Waldes zurückzuführen. Da in den Gebirgswäldern seit vielen Jahren nur ein Teil des nachwachsenden Holzes genutzt wird, steigt der Holzvorrat an. Die Wälder werden dichter und dadurch wird die Zwergstrauchschicht unterdrückt. Das Auerhuhn kann solche Bestände höchstens noch während des Winterhalbjahres nutzen. Für die Balz und vor allem für die Aufzucht der Jungtiere fehlen geeignete Flächen zunehmend. Je produktiver ein Waldstandort ist, desto schneller läuft diese Entwicklung ab.
Die Erschliessung abgelegener Wälder durch Strassen und Wege, neue Trendsportarten (u.a. Biken, Schneeschuhwandern) und zunehmender Erholungsdruck führen zu einer erhöhten Präsenz des Menschen in Auerhuhn-Habitaten. Dies hat ebenfalls den Verlust an geeignetem Lebensraum zur Folge, denn vom Menschen häufig aufgesuchte Wälder werden vom Auerhuhn gemieden. Für kleine, peripher gelegene Populationen, die bereits durch andere Gefährdungsfaktoren geschwächt sind, können unter Umständen auch häufig vorkommende Beutegreifer eine Gefahr sein.
Limitierende Faktoren
Angebot an störungsarmen und lückigen Nadelwäldern mit starken alten Bäumen, geringen Stammzahlen und einer gut ausgebildeten Zwergstrauch- und Krautschicht.
Perspektive
In der Schweiz gibt es noch einige Auerhuhn-Lebensräume, die grossflächig reich strukturiert und gleichzeitig so wenig produktiv sind, dass sich die Habitatstrukturen aufgrund der natürlichen Dynamik nur sehr langsam ändern. In diesen Lebensräumen dürften sich die Bestände des Auerhuhns mittel-, evtl. auch langfristig ohne fördernde Eingriffe halten. Alle anderen Populationen bedürfen einer auf die Bedürfnisse des Auerhuhns ausgerichteten Bewirtschaftung des Waldes. Speziell für die kleinen Teilpopulationen der peripheren Lebensräume besteht die Gefahr des kurz- bis mittelfristigen Verschwindens. Diese Gebiete können jedoch für das Überleben des Auerhuhns in der Schweiz von entscheidender Bedeutung sein. Sie verbinden die Bestände der verbleibenden grossen und besser geeigneten Habitate miteinander. Holznutzung in Bergwäldern und gleichzeitige Förderung der Lebensraumqualität für das Auerhuhn ist in den meisten Fällen problemlos möglich. Selbst in Wäldern mit Schutzfunktion ist Auerhuhn-Förderung machbar, doch vor allem in Wäldern, die vor Lawinen schützen sollen oder Wasser-Rückhaltefunktion haben. In Steinschlag-Schutzwäldern dagegen sind die waldbaulichen Ziele meist zu weit von den Anforderungen des Auerhuhn-Schutzes entfernt. Die Belastung durch Störungen ist regional unterschiedlich, doch in vielen Regionen hoch. Massnahmen gegen Störungen, z.B. das Einrichten von Winterruhezonen, werden auch in Zukunft nötig sein.
Schutzstatus
Rote Liste CH: EN, stark gefährdet
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit im internationalen Vergleich kleinem Bestand
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
- Im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplans Auerhuhn Schweiz laufen in fast allen Regionen der Schweiz, wo das Auerhuhn vorkommt, Projekte zur Verbesserung des Lebensraums mit konkreten waldbaulichen Eingriffen. Instruktion und Sensibilisierung von Förstern und Waldbesitzern mittels Kursen, Merkblättern, Vorträgen und Exkursionen sind ein wichtiger Bestandteil der Umsetzung des Aktionsplans.
- In vielen Kantonen werden Wildtierruhezonen eingerichtet, um Auerhuhn-Lebensräume gegen Störung im Winter und Frühjahr zu schützen. Die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen OL-Verband hat dazu geführt, dass heute nur noch
selten Orientierungsläufe in Auerhuhngebieten geplant werden.
Forschungsprogramme
- Die Schweizerische Vogelwarte koordiniert im Auftrag des BAFU seit Ende der 1980er-Jahre die Bestandsüberwachung des Auerhuhns in der Schweiz und führt diese in Zusammenarbeit mit regionalen Auerhuhnexperten und kantonalen Jagdverwaltungen durch. Dabei wurde eine Methode für ein balzplatz-unabhängiges Monitoring entwickelt, die unter anderem auf der Erkennung einzelner Individuen aufgrund des genetischen Fingerabdrucks basiert.
- In einer Dissertation wurde der Einfluss von Freizeitaktivitäten auf das Fluchtverhalten, die Raumnutzung und die Stressphysiologie des Auerhuhns untersucht (Schweizerische Vogelwarte, Universität Zürich).
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- Der Aktionsplan Auerhuhn Schweiz wurde 2008 publiziert und beschreibt die Artenförderungsmassnahmen detailliert. Die bekannten notwendigen forstlichen Massnahmen zugunsten des Auerhuhns sind in der Publikation „Auerhuhn und Waldbewirtschaftung“ des BAFU zusammengefasst, die auch heute noch, 10 Jahre nach Erscheinen der zweiten Auflage, aktuell ist.
- Reduktion der Störungen durch gezielt ausgeschiedene und überwachte Wildtierruhezonen. Schutz bestehender Vorkommen vor dem Erschliessungsrisiko.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Weiterführen der forstlichen Aufwertungsmassnahmen.
- Die genetischen Daten, die für das Monitoring erhoben werden, können unter Umständen auch für die Ermittlung von populationsdynamischen Parametern verwendet werden. Inwieweit und unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, wird von der Schweizerischen Vogelwarte untersucht.
- Die Effizienz forstlicher Aufwertungsmassnahmen ist je nach Eingriffsstärke und lokalen Standortverhältnissen unterschiedlich. Ziel eines Forschungsprojekts im Kanton Schwyz ist, die Wirkung verschiedener Eingriffe auf die Habitatqualität zu dokumentieren. Damit können forstliche Aufwertungsmassnahmen in Zukunft optimiert werden.
- Ein balzplatz-unabhängiges Monitoring, das jährliche Angaben über die Bestandsentwicklung liefern soll, ist fertig konzipiert und wird voraussichtlich ab dem Jahr 2012 umgesetzt. Es soll durch die kantonalen Jagdverwaltungen und die Schweizerische Vogelwarte mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesamt für Umwelt durchgeführt werden.