© Ruedi Aeschlimann
Zaunammer
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Die Schweiz liegt am Nordostrand des westmediterranen Areals der trockenheits- und wärmeliebenden Zaunammer. Die Art konzentriert sich bei uns auf Weinbaugebiete, Föhntäler, sowie den Juranord- und Jurasüdfuss. Gut die Hälfte der Zaunammerbrutplätze liegen unterhalb 600 m ü.M. Vorkommen oberhalb 1300 m ü.M. bilden die Ausnahme. Zwischen den 1970er- und den 1990er-Jahren hat die Zaunammer deutlich abgenommen. Seit 2000 zeichnet sich tendenziell eine Zunahme ab, allerdings sind starke Schwankungen zwischen einzelnen Jahren zu beobachten.
Lebensraumansprüche
Die Zaunammer besiedelt trockene, warme – meist süd- oder südwestgerichtete – Hanglagen, seltener flaches Land mit eingestreuten Sträuchern, Baumgruppen, Dorn- oder Brombeergestrüpp. Die Vorkommen liegen häufig im Bereich von (ehemaligen) Weinbergen, die noch mit alten Mauern durchsetzt sind. In der Bündner Herrschaft waren folgende Strukturen (von total 35) in Zaunammer-Revieren im Vergleich zum Angebot überproportional vorhanden: Reben mit Holzpfählen und halboffenem Boden, Sträucher, Einzelbäume, Baumhecken, Steinhaufen, (alte) Mauern (v.a. mit Nischen), Zäune mit Holzpfählen, Rebhäuschen und Scheiterbeigen. Nicht erfasst wurden Krautsäume, die sehr wahrscheinlich ebenfalls wichtig sind, u.a. auch im Winterhalbjahr (Samenangebot). Diese Befunde deuten an, dass strukturreiche Flächen mit Deckung und gutem Nahrungsangebot/-erreichbarkeit den Ansprüchen der Art entgegenkommen. Da und dort kommt die Zaunammer auch in Kiesgruben, auf Ruderalflächen, in Weideland und in Siedlungen vor.
Gefährdung
Wie in ganz Mitteleuropa wird der Rückgang mit der Zerstörung und Veränderung der Lebensräume in Verbindung gebracht. Vor allem im Mittelland sind in den letzten Jahrzehnten viele Zaunammerlebensräume an gut besonnten Hängen überbaut worden. Ein weiterer wichtiger Gefährdungsfaktor ist die Intensivierung der Landwirtschaft und des Weinbaus mit einer damit verbundenen Beseitigung von Kleinstrukturen. Lokal können auch durch Verbuschung oder Rekultivierung Vorkommen erlöschen.
Limitierende Faktoren
Mit zerstreuten Bäumen und Büschen durchsetzte Flächen mit teilweise kurzrasiger oder lückiger, aber auch insekten- und samenreicher Bodenvegetation in trocken-warmen Lagen, insbesondere strukturreiche Rebberge und Hochstammobstgärten in Nachbarschaft von Rebbergen.
Perspektive
Eine Prognose der Bestandsentwicklung ist schwierig, weil die Zaunammerbestände ausgeprägten, klimatisch bedingten Areal- und Bestandsschwankungen unterliegen. Die möglicherweise günstigen Auswirkungen von milderen Wintern könnten durch den fortgesetzten Lebensraumverlust aufgehoben werden.
Schutzstatus
Rote Liste CH: VU, verletzlich
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: streng geschützt (Anhang 2)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
In der Bündner Herrschaft werden im Rahmen eines Vernetzungsprojekts gezielt Strukturen wie offener Boden oder Hecken u.a. für die Zaunammer geschaffen, die von dieser auch genutzt werden. Die Wirkungskontrolle erfolgt durch den Vogelschutz Landquart und die Ornithologische Arbeitsgruppe Graubünden, koordiniert durch den SVS/BirdLife Schweiz.
Forschungsprogramme
- Die Bestandsentwicklung der Zaunammer wird im Rahmen der Überwachungsprojekte der Schweizerischen Vogelwarte verfolgt.
- Im Jahre 2008 untersuchten Studentinnen der ZHAW Wädenswil unter der Leitung des SVS/BirdLife Schweiz die Häufigkeit und Verteilung der Reviere sowie die Habitatansprüche der Zaunammer in der Bündner Herrschaft.
- Der SVS/BirdLife Schweiz untersucht, ob die Zaunammer extensive Hafer- und Leinäcker nutzt und ob diese eine Förderungsmassnahme analog zu den Gerstenäckern in Grossbritannien darstellen könnten.
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- In der Bündner Herrschaft wurden gezielt Strukturen wie offener Boden oder Hecken geschaffen und von der Zaunammer auch genutzt. Generell ist davon auszugehen, dass die Art insbesondere von der Revitalisierung von Rebbergen und Obstgärten in warm-trockenen Gebieten (Einführung einer artenreichen Begrünung, Pflanzen von Sträuchern und Bäumen) profitiert. Offen ist allerdings, ob damit auch Neubesiedlungen provoziert werden können.
- In Grossbritannien hat die Royal Society for the Protection of Birds RSPB Gerstenäcker für die Zaunammer angesät. Bei regnerisch-kühler Witterung, also bei kritischen Bedingungen für die Nestjungen, konnten die Altvögel unreifes Getreide verfüttern.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Weiterführung des Monitorings.
- Eine vergleichende Analyse heute besiedelter und ehemals besiedelter Flächen und eine darauf basierende Umsetzung von Förderungsmassnahmen in verlassenen oder neu zu schaffenden Flächen wären zu prüfen.