© Beat Rüegger
Rebhuhn
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Das Rebhuhn ist Ende des 20. Jahrhunderts aus der Schweiz praktisch verschwunden. Nur im Kanton Genf konnten sich wenige Paare halten. Noch in den 1970er-Jahren kam die Art vor allem in den ackerbaulich genutzten Gebieten der Ajoie, der Nordschweiz zwischen Bodensee und Basel, im Freiburger und Berner Seeland, im St. Galler Rheintal sowie im Kanton Genf mehr oder weniger verbreitet vor. Allerdings dürfte dieses Bild durch die vielerorts immer wieder erfolgten Aussetzungen verfälscht worden sein.
Aktuell beschränkt sich das Verbreitungsgebiet des Rebhuhns auf die Kantone Schaffhausen und Genf. In beiden Regionen laufen Förderungsprojekte (s. unten). In Schaffhausen brüteten 2005 dank Aussetzungen ca. 20 Brutpaare, danach ging der Bestand bis 2010 auf 1–3 BP zurück. Im Kanton Genf werden seit 2004 Rebhühner wiederangesiedelt. 2010 wurden in der Champagne genevoise 17 BP gezählt.
Lebensraumansprüche
Das Rebhuhn ist ursprünglich ein Bewohner von offenen und halboffenen Steppenlandschaften und ist als Kulturfolger nach Westeuropa gelangt. Die Art meidet sowohl Gebiete mit nassen und kalten als auch solche mit sehr armen Böden. Sie erreicht die grössten Dichten auf eher warmen und gleichzeitig fruchtbaren Löss-, Schwarz- und Braunerdeböden. Das Rebhuhn bevorzugt kleinflächig gegliederte, primär ackerbaulich genutzte Landschaften mit Hecken, Staudenfluren oder Brachen, die das ganze Jahr hindurch Nahrung und Deckung bieten.
Gefährdung
Der Niedergang der Bestände in der Schweiz und in praktisch ganz Westeuropa wird auf die Intensivierung und Monotonisierung in der Landwirtschaft zurückgeführt. Bei dem aktuell kleinem Bestand in der Schweiz können aussergewöhnliche Witterungsereignisse, eine hohe Prädatorendichte sowie Störung zur Brutzeit zum lokalen Verschwinden dieser Art führen.
Limitierende Faktoren
Ausreichendes Angebot an extensiv genutzten Landwirtschaftsflächen und Randstrukturen in den schneearmen, eher niederschlagsarmen und offenen Landschaften der Niederungen. Deckungsmöglichkeiten und Neststandorte in Form von Stoppelbrachen, Buntbrachen, Niederhecken. Prädation und Verluste insbesondere durch Fuchs, Marderartige, Greifvögel, Rabenvögel, verwilderte Hauskatzen, Verkehr, usw.
Perspektive
Das Rebhuhn hat in der Schweiz nur eine Chance, wenn die Aufwertung des Landwirtschaftsgebietes mit Massnahmen des ökologischen Ausgleichs in den klimatisch besonders geeigneten Gegenden mit Nachdruck umgesetzt wird. Nur so können die in wenigen Gebieten durchgeführten Aussetzungen den Grundstein für eine sich selbst erhaltende Population bilden.
Schutzstatus
Rote Liste CH: CR, vom Aussterben bedroht
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
- Artenförderungsprojekte laufen in den Kantonen Genf und Schaffhausen und werden in Zusammenarbeit der kantonalen Jagd- und Fischereiverwaltungen, des BAFU und der Schweizerischen Vogelwarte durchgeführt; letztere koordiniert die Projekte.
- Im Kanton Schaffhausen erfolgten Aussetzungen von Rebhühnern zwischen 1998 und 2007.
2008 wurde ein dreijähriges Aussetzungsmoratorium vereinbart. In dieser Zeit wurden die Rahmenbedingungen (Fahrverbot und Leinenzwang für Hunde) im Kerngebiet Widen verbessert.
Weitere Lebensräume im Klettgau sollen aufgewertet werden. - In der Champagne genevoise (Genf) wird seit 2004 ein Projekt zur Stärkung des kleinen Restbestands durchgeführt. In der aktuellen Projektphase (2009–2012) soll mit Herbstketten-Aussetzungen von 350–1000 Individuen pro Jahr eine selbsterhaltende Gründerpopulation geschaffen werden. Die Jungtiere für die Herbstketten werden in einer naturnahen Aufzucht an der Schweizerischen Vogelwarte aufgezogen.
- Im Kanton Bern wurde 2006 im Auftrag von Pro Natura Bern eine Vorabklärung zur Wiederansiedlung des Rebhuhns im Berner Seeland verfasst.
Forschungsprogramme
In den Wiederansiedlungsprojekten in den Kantonen Schaffhausen und Genf wird eine wissenschaftliche Erfolgskontrolle durchgeführt, die eine laufende Verbesserung der Wiederansiedlungsmethoden zum Ziel hat. In diesem Rahmen wurden eine Dissertation und verschiedene Masterarbeiten über die Aufzuchtsbedingungen, Maternal effects und der Einfluss von Störungen durchgeführt (Schweizerische Vogelwarte, Universität Zürich).
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- Die starke Aufwertung ausgedehnter Ackerbaugebiete mit Brachen, Hecken, Krautsäumen und biozidfreien Kulturen schafft für das Rebhuhn geeignete Lebensräume. Solche Lebensräume sind die Voraussetzung für Wiederansiedlungsprojekte.
- Für Rebhuhn-Wiederansiedlungsprojekte hat der englische Game and Wildlife Conservation Trust (GWCT) 2008 Richtlinien herausgegeben. Prädatorenkontrolle wird in vielen Wiederansiedlungsprojekten in Europa als unterstützende Massnahme empfohlen.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Weitere Aufwertung der ackerbaulich geprägten Landwirtschaftsgebiete im Klettgau SH und in der Champagne genevoise GE.
- Weiterführen der laufenden Projekte im Klettgau (SH) und in der Champagne genevoise (GE).
- Weiterführen des Monitorings von Brutbestand, Bruterfolg und Winterbestand.