
© Jari Peltomäki

Grauspecht
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Die Schweiz liegt im Bereich des westlichen Arealrands des Grauspechts. Die Art ist vor allem im östlichen Jura sowie im zentralen Mittelland anzutreffen, wobei sie oberhalb von 600 m ü.M. deutlich seltener wird. Seit den 1970er-Jahren ist der Bestand des Grauspechts in vielen Regionen der Schweiz zurückgegangen. Der schweizerische Bestand wurde 1993–96 auf 1000 bis 2000 Brutpaare geschätzt, nimmt aber weiterhin ab.
Lebensraumansprüche
Der Grauspecht bewohnt reich gegliederte Landschaften mit einem hohen Grenzlinienanteil zwischen Laubwäldern und halboffener Kulturlandschaft mit Obstgärten, Parks usw. Er besiedelt strukturreiche, ausgedehnte Auen-, Eichen- und Buchenwälder. Im Randbereich lückige Waldbestände mit Höhlenbäumen, einem hohen Totholzanteil und generell einer reichen vertikalen Struktur sind besonders günstig. Die Art ernährt sich vorwiegend von Ameisen, ist aber nicht so stark auf diese Nahrung spezialisiert wie der Grünspecht und ist bei der Nahrungssuche mehr als dieser auch an Bäumen anzutreffen. Junge Sukzessionsstadien werden gerne aufgesucht, weil in ihnen bodenbewohnende Ameisen häufiger sind als in dichten Waldbeständen.
Gefährdung
Bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus war die Umwandlung von reich strukturierten, alten Laub- und Mischwaldbeständen in nadelbaumdominierte Altersklassenwälder ein wichtiger Faktor für Lebensraumverluste des Grauspechts. Heute liegen die Probleme wohl eher beim Nahrungsangebot, unter anderem wegen der Umwandlung von reich strukturierten Extensivwiesen in dichte, monotone Bestände. Dort sind Ameisen und andere Beutetiere für den Grauspecht wegen des dichten Pflanzenbewuchses schlecht erreichbar.
Limitierende Faktoren
Angebot an abwechslungsreichen Landschaften mit reich strukturierten, totholzreichen Misch- und Laubwäldern und alten Bäumen auf grosser Fläche. Lockere Bodenvegetation in Wiesen mit genügendem Nahrungsangebot, insbesondere Ameisen.
Perspektive
Die eingeleitete stärkere Beachtung von Naturschutzanliegen bei der Waldbewirtschaftung (Erhöhung des Laubholzanteils im Mittelland, Fördern von Altholzinseln, Stehenlassen von Totholz) dürfte längerfristig die Lebensraumsituation für den Grauspecht verbessern. Das Anlegen von ökologischen Ausgleichsflächen im Waldrandbereich könnte die negative Bestandsentwicklung aufgrund des Verschwindens von Obstgärten und der Ausdehnung von Siedlungen aufwiegen. Eine generelle Erhöhung der Umtriebszeit in Wäldern würde sich ebenfalls positiv auswirken.
Schutzstatus
Rote Liste CH: VU, verletzlich
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: streng geschützt (Anhang 2).
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
Im Kanton Neuenburg wurde basierend auf Bestandserhebungen von 1999 ein Massnahmenplan für eine forstliche Bewirtschaftung ausgearbeitet, welche die Bestände verschiedener Spechtarten erhalten und fördern soll.
Forschungsprogramme
- Die Bestandsentwicklung des Grauspechts wird im Rahmen der Überwachungsprojekte der Schweizerischen Vogelwarte verfolgt.
- Zwei Diplomarbeiten in Deutschland untersuchten die Habitatansprüche des Grauspechts. Der Grauspecht bevorzugte naturnahe Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder mit grosser dreidimensionaler Strukturvielfalt, hoher Grenzlinienlänge und viel stehendem Totholz. Ebenfalls wichtig war das Angebot an lichten Waldflächen mit Magerrasen, ausgeprägter Krautschicht, Totholzstümpfen sowie Wurzeltellern, also Strukturparametern, die als positiv für eine reiche Ameisenfauna gelten.
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
Bisher fehlen wissenschaftliche Untersuchungen, doch bestehen mit der grossflächigen Berücksichtigung der bisher bekannten Habitatansprüche der Art bei der Waldbewirtschaftung erste Ansätze für Förderungsmassnahmen.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Monitoring der bestehenden Bestände.
- Möglichst grossflächige (Wieder)Herstellung von lockeren Laubwäldern, v.a. auch Auenwäldern.
- Förderung von Laubhölzern, insbesondere Eichen, Alt- und Höhlenbäume stehen lassen (Totholz).
- Extensive Nutzung der Wiesen inkl. Dauerbeweidung entlang von Waldrändern (v.a. südexponierte Stellen).
- Schaffung von Auenwald.
- Erhöhung des Alters von Wäldern.
- Untersuchungen zu Habitatnutzung und Habitatansprüchen sowie möglicher Konkurrenz mit dem Grünspecht.