© Mathias Schäf
Feldlerche
Merkblatt
Feldlerchen fördern. Faktenblatt.
Jenny, M., S. Michler, J. Zellweger-Fischer, S. Birrer & R. Spaar (2014)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
In der Schweiz liegt die Hauptverbreitung der Feldlerche im westlichen und nördlichen Mittelland zwischen 400 und 700 m ü.M. Die Feldlerche dringt, wenn auch meist in geringer Dichte, bis in die Alpen vor und besiedelt Alpweiden und sanfte Kuppen bis auf 2500 m ü.M. Der Bestand wurde 1993–96 auf 40–50'000 Brutpaare geschätzt und ist heute tiefer.
Lebensraumansprüche
Die Feldlerche bevorzugt weitgehend baum- und strauchlose Flächen. Hohe vertikale Strukturen wie Bäume oder Gebäude meidet sie und hält davon mind. 60 m Abstand. Die bevorzugte Vegetation besteht aus einem kleinflächigen Mosaik von lückigen und dichteren Pflanzenbeständen. Eine zu dichte Pflanzendecke erschwert das Einfliegen in die Vegetation und die Fortbewegung am Boden.
Als Neststandorte bevorzugt sie grasartige, locker stehende Kulturen wie Mäh- und Heuwiesen oder Winter- und Sommergetreide (Vegetationshöhe 15–40 cm, Deckung bis 50 %). Schnell wachsendes, dichtes Getreide wird gemieden. Zweit- und Ersatzbruten werden in Rüben-, Sonnenblumen-, Mais- und Kartoffelfeldern aufgezogen.
Die Dichte der Feldlerchen ist umso höher, je grösser die Kulturenvielfalt ist und je kleiner die Parzellen sind. In intensiv genutzten Agrarlandschaften verteidigt sie Reviere von rund 3 ha Grösse. In naturnahen und extensiv genutzten Habitaten sind diese nur etwa halb so gross. Hohe Siedlungsdichten mit bis zu 5 Revieren/10 ha offener Feldfläche werden nur noch in einigen kleinparzellierten, trockenen Getreideanbaugebieten erreicht wie z.B. im Klettgau SH oder in der Champagne genevoise. In Mittellandgebieten mit gemischter landwirtschaftlicher Nutzung liegt die Brutpaardichte heute bei maximal 2–3 Revieren/10 ha.
Gefährdung
Seit den 1970er-Jahren haben die Feldlerchenbestände als Folge der landwirtschaftlichen Intensivierung und der Zersiedlung der Landschaft dramatisch abgenommen. In Gebieten mit intensiver Graswirtschaft verunmöglichen der vierwöchige Mahdrhythmus und die Silagenutzung erfolgreiche Bruten. Die Feldlerche ist deshalb aus den Graswirtschaftsgebieten des Mittellandes und der Nordalpen weitgehend verschwunden. In Ackerbaugebieten mit traditionell hohen Brutpaardichten ist die Nachwuchsrate durch geringe Kulturenvielfalt und grosse Parzellen vermindert.
Limitierende Faktoren
In den futter- und ackerbaulichen Gunstlagen dominieren heute grossflächige intensiv genutzte Bewirtschaftungseinheiten. Die Vergrösserung der Parzellen, die Verringerung der Fruchtfolgen (v.a. Wegfall von Sommergetreide), immer dichter stehende Pflanzenbestände und eine Verkürzung des Mahdrhythmus im Grünland sind die Gründe für die anhaltende Abnahme der Bestände. Im Grünland kann die Feldlerche nur dann erfolgreich brüten, wenn die Periode zwischen zwei Schnittnutzungen mindestens 7 Wochen beträgt. Ausserdem schränken Herbizid- und Insektizideinsatz das Nahrungsangebot ein.
Perspektive
Werden die Fördermassnahmen nicht deutlich verstärkt, so ist mit einer weiteren Aufgabe von heute besiedelten Flächen und entsprechenden Bestandsabnahmen zu rechnen.
Schutzstatus
Rote Liste CH: NT, potenziell gefährdet
Priorität CH: B2, potenziell gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
In zahlreichen Vernetzungsprojekten ist die Feldlerche als Leitart definiert. Da meist keine Erfolgskontrollen gemacht werden, lässt sich über die Wirksamkeit dieser Projekte wenig sagen.
Die in England entwickelte Förderung der Feldlerche über Kleinflächen (Lerchenfenster, Streifen) im Getreide wird seit einigen Jahren in der Schweiz durch die Produzentenorganisation IP-Suisse umgesetzt (Wildtierfreundlicher Ackerbau). Positive Auswirkungen konnten im Rahmen einer Diplomarbeit nachgewiesen werden. Diese Massnahme reicht aber zur Förderung nicht aus. Sie muss mit weiteren Aufwertungsmassnahmen einhergehen, da in den kleinräumig strukturierten, zersiedelten und von Grünland dominierten Landwirtschaftsgebieten des Mittellandes die Wirkung dieser Massnahmen deutlich geringer ist als in grossflächigen, vom Winterweizenanbau dominierten Ackerbaugebieten im Ausland.
Forschungsprogramme
- Die Bestandsentwicklung der Feldlerche wird im Rahmen des Überwachungsprojekts Monitoring Häufige Brutvögel von der Schweizerischen Vogelwarte verfolgt.
- Im Aargau fand 2011 eine standardisierte Bestandserhebung der Feldlerche auf 200 Probeflächen statt.
- Eine Diplomarbeit untersuchte die Wirkung von Feldlerchenfenstern auf die Feldlerche und zeigte, dass Weizenfelder mit Patches oder Streifen bis im Juli in den Revieren integriert bleiben und die Feldlerchenmännchen die Patches und Streifen sogar verteidigten (Schweizerische Vogelwarte, Universität Zürich).
- In einer weiteren Diplomarbeit wurden die Eignung von landwirtschaftlichen Kulturen und Mikrohabitat-Strukturen für brütende Feldlerchen im Gebiet Widen SH untersucht (Schweizerische Vogelwarte, ETH Zürich).
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- Um die Feldlerche wirksam zu fördern, ist in Ackerbaugebieten ein Mindestanteil von 3 % typischer ökologischer Ausgleichsflächen des Ackerlands (Säume, Bunt- und Rotationsbrachen) nötig. Im Grünland braucht es einen Mindestanteil von 10 % extensiv genutztes Grünland (Schnitt in der Talzone ab 15. Juni). Die Ökoflächen sollten räumlich einigermassen homogen verteilt sein. Die Fördermassnahmen müssen konzentriert in jenen Gebieten umgesetzt werden, wo die Feldlerche noch einigermassen gute Dichten erreicht, sowie in Gebieten mit gutem Potenzial.
- Spezifische Förderungsmassnahmen sind eingesäte oder spontan begrünte Kleinflächen im Getreide, in Raps, Sonnenblumen oder Mais (Lerchenfenster oder Streifen). Lerchenfenster sollten eine Ausdehnung von 3 x 9 m haben und in einer Dichte von 3 Fenstern pro ha angelegt werden; Streifen 2 x 40 m oder 3 x 25 m in einer Dichte von 1 Streifen pro ha. Weitreihige Saat im Getreide (Breitsaat) fördert die Feldlerche ebenfalls: 5 % der Fläche werden weitreihig gesät, Flächenbreite mind. 6 m; je 2 Saatreihen bleiben ungesät, gefolgt von 3 normal gesäten Reihen. Hierzu kann das Merkblatt „Massnahmen zur Förderung der Artenvielfalt im Ackerbau“ bei der Vogelwarte bezogen werden.
- Biologischer Ackerbau ist günstig für die Feldlerche. Wichtig ist dabei der Verzicht auf Striegeln im Winter- und Sommergetreide ab Mitte März. Extensiver Anbau alter Getreidearten (Emmer und Einkorn) ist eine weitere Fördermassnahme.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Förderung der Feldlerche über agrarpolitische Massnahmen (DZV), insb. über Vernetzungsprojekte.
- Anlegen von ökologischen Ausgleichsflächen auf Fruchtfolgeflächen (mind. 3 % der Ackerfläche).
- Gezielte Neuanlage von extensiven Wiesen (mind. 10 % des Grünlands).
- Weiterführung des IP-Suisse Programms „Wildtierfreundlicher Ackerbau“ (Kleinflächen, Breitsaaten).
- Monitoring Brutbestand in Gebieten mit grösseren Beständen.
- Fokussierung der Massnahmen auf Gebiete mit aktuell noch guten Beständen (insb. die grossen, mehrheitlich ackerbaulich genutzten Ebenen wie Berner/Freiburger Seeland, Ajoie JU, Champagne genevoise, Klettgau, Rafzerfeld ZH, etc.) und auf solche, in denen eine Stärkung der Bestände bzw. eine Wiederbesiedelung erfolgversprechend ist.