© Ruedi Aeschlimann
Eisvogel
Merkblatt
Eisvogel – ein Juwel braucht Gewässer mit Dynamik. Artenförderungs-Merkblatt.
Glauser, C. (2004)
Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, Zürich
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Der Eisvogel besiedelt verschiedene Gewässertypen in weiten Teilen der Schweiz. Mehrheitlich liegen die Vorkommen unterhalb 600 m ü.M. Die Verbreitung ist seit den 1970er-Jahren einigermassen stabil bis leicht zunehmend. In kalten Wintern mit zufrierenden Gewässern können die Bestände drastisch reduziert werden. Sie erholen sich in der Regel innert 5–7 Jahren wieder. Ausgeprägte Fluktuationen im langjährigen Bestand sind die Folge. Der Gesamtbestand wird momentan auf ungefähr 300 Brutpaare geschätzt, in den 1970er-Jahren lag er bei ca. 180 Brutpaaren. Allerdings dürften diese Entwicklung teilweise durch eine verstärkte Such- und Meldetätigkeit begründet sein. Eine Zunahme ist aber in Folge erster Massnahmen und einer Reihe milder Winter in den letzten Jahren gegeben.
Lebensraumansprüche
Fischreiche, klare und nicht zu stark belastete Gewässer unterschiedlicher Art mit mehr oder weniger kahlen, sandigen Steilufern oder Böschungskanten zur Anlage der Bruthöhle. Langsam fliessendes oder stehendes Wasser mit ausreichend Sitzwarten in unmittelbarer Nähe und an Nebengewässern steigert die Attraktivität des Brutplatzes. Ein Paar benötigt bei guten Verhältnissen 1,2–2,5 km Fliessgewässerstrecke, meist findet man ein Brutpaar auf 4–5 km.
Gefährdung
Fehlende Dynamik an Gewässern führt zu einem Mangel an offenen Brutwänden und an geeigneten Laichgründen für Fische, die wichtigste Nahrung des Eisvogels. Störungen durch Erholungsbetrieb, Wassersportler und Angler, v.a. am Brutplatz. Strassenverkehrsopfer und Verluste durch Anprall an Glasflächen. Eutrophierung und Verschmutzung der Gewässer durch Abwässer aus Landwirtschaft, Industrie und Haushalte ist ein weiterer Gefährdungsfaktor, der aber in der letzten zwei bis drei Jahrzehnten reduziert werden konnte.
Limitierende Faktoren
Natürliche Mittel- und Unterläufe mit klarem, langsam fliessendem oder stehendem, nicht mehr als 1 m tiefem Wasser. Angebot an ca. 5 cm langen Fischen und anderen Wasserbewohnern (Kaulquappen, Wirbellose). Kahle, sandig-humose weichgründige Steilufer oder Böschungskanten zur Nestanlage. Sitzwarten an Jagdplätzen.
Perspektive
Renaturierungen von Fliessgewässern und das gezielte Management von Brutwänden lassen die Perspektiven als positiv erscheinen. Allerdings werden bei den Renaturierungen oft keine Steilwände erstellt, was die Ansiedlungsmöglichkeiten für Eisvögel einschränkt. Zunehmende Störungen wirken sich negativ aus.
Schutzstatus
Rote Liste CH: VU, verletzlich
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: streng geschützt (Anhang 2)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
- Im Rahmen des Artenförderungsprogramms des SVS/BirdLife Schweiz werden Sektionen motiviert, durch gezielte Erstellung von künstlichen Brutwänden oder durch Abstechen von geeigneten Steilwänden Brutmöglichkeiten zu erhalten und neu zu schaffen.
- Aktionsplan Eisvogel im Kanton Zürich von der Fachstelle Naturschutz (www.naturschutz.zh.ch).
- Auenrevitalisierung im Kanton Aargau und in anderen Gebieten.
- Massnahmen an der Thur durch lokale Naturschützer.
- Erstellen von künstlichen Brutwänden im Tessin durch die Ficedula.
Forschungsprogramme
Im Rahmen der Überwachungsprojekte der Schweizerischen Vogelwarte wird die Bestandsentwicklung des Eisvogels verfolgt.
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- Künstliches Erstellen von Steilufern von mind. 2 m, besser aber deutlich grösserer Höhe (wegen Hochwassergefahr).
- Bachrenaturierungen, Erstellung von Stellen mit klarem, nicht zu tiefem Wasser mit kleinen
Fischen und Sitzwarten, Schaffen von Anrissmöglichkeiten. - Künstliche Niströhren ermöglichen Bruten auch an Stellen, wo der Untergrund zu hart oder zu kiesig ist für die Anlage von Höhlen, wichtig ist der korrekte Einbau. Der SVS/BirdLife Schweiz und sanu haben einen Bericht zum Bau und zum Erfolg von künstlichen Bruthöhlen erarbeitet.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Evaluation geeigneter Standorte für Schaffung von Brutwänden.
- Schaffung von Brutwänden.
- Schaffung von Jagdplätzen mit Warten.
- Fernhalten von Störungen von Brut- und Jagdplätzen (vom Wasser wie vom Land her).