© Ruedi Aeschlimann
Birkhuhn
Newsletter AG Waldhühner
Die Arbeitsgruppe (AG) Waldhühner und Waldschnepfe ist eine lose Vereinigung von Leuten, die die vier Prioritätsarten für Artenförderungsprogramme Auerhuhn, Haselhuhn, Birkhuhn und Waldschnepfe und ihre Lebensräume kennen und zu ihrer Erhaltung bzw. ihrem Schutz beitragen wollen. Mit ihren Aktivitäten will die AG mithelfen, die Ziele im Rahmenprogramm Artenförderung Vögel Schweiz zu erreichen. Leiter der AG ist Pierre Mollet, der im Programm Artenförderung Vögel Schweiz für die Arten zuständig ist.
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Merkblätter
Das Habitat des Birhuhns.
Pradervand, J.-N., A. Jacot & R. Spaar (2018)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Birkhühner und Auerhühner brauchen Schutz vor Störungen.
Mollet, P., R. Arlettaz, P. Patthey & D. Thiel (2007)
Schweizerische Vogelwarte, Sempach
Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz
Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).
1. Hintergrundinformationen
Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Das Birkhuhn ist in der Schweiz auf die Alpen und Voralpen beschränkt. Im Bereich der subalpinen Zwergstrauchheiden ist es weit verbreitet. Das Verbreitungsgebiet hat sich zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren kaum verändert. Die Art ist allerdings lokal im Bereich der nördlichen Verbreitungsgrenze verschwunden, und im südlichen Tessin entwickelt sich der Bestand spätestens seit den 1980er-Jahren negativ. Neben dem Lebensraum spielt für die Bestandsentwicklung die Witterung in der frühen Aufzuchtsphase eine wichtige Rolle. Bei warm-trockenem Wetter wird gewöhnlich ein guter Aufzuchtserfolg erzielt, wogegen bei nass-kaltem Wetter viele Küken eingehen.
Lebensraumansprüche
Das Birkhuhn ist in der Schweiz gänzlich auf die subalpinen Zwergstrauchheiden an der oberen Waldgrenze konzentriert. Die Art hat lange Zeit von der alpwirtschaftlichen Nutzung dieser Gebiete profitiert. Durch den Holzschlag für die Gewinnung von Brennholz und Weideflächen wurde die Waldgrenze abgesenkt, und die nachfolgende extensive Beweidung sicherte langfristig grosse Flächen mit einem Mosaik an Zwergstrauchbeständen sowie Kraut- und Grasfluren unterschiedlicher Wuchshöhe.
Gefährdung
Der Habitatverlust durch veränderte Landnutzung ist die grösste Bedrohung für die alpine Population des Birkhuhns. Negative Auswirkungen haben sowohl die Intensivierung (Alpwirtschaft, Betrieb von Freizeitanlagen) als auch die Extensivierung der Nutzung (Vegetationssukzession nach Nutzungsaufgabe). Störungen durch Freizeitaktivitäten (Variantenskifahrer, Schneeschuhwanderer), örtlich auch durch das Militär, können insbesondere im Winterhalbjahr die Nutzung an sich attraktiver Flächen verunmöglichen. Durch die Bejagung kann sich das Geschlechterverhältnis in einer Population zu Ungunsten der Hähne verschieben. Dies kann bei starkem Jagddruck zu additiver Mortalität führen.
Limitierende Faktoren
Angebot an störungsarmen Flächen im Bereich der subalpinen Zwergstrauchheiden an der oberen Waldgrenze. Habitatverschlechterung durch Veränderung der Nutzung.
Perspektive
Eine Prognose ist nicht einfach, weil Wetterfaktoren in der Populationsdynamik des Birkhuhns eine entscheidende Rolle spielen. Bezüglich der Lebensräume laufen zwei unterschiedliche Entwicklungen ab, beide mit negativen Auswirkungen: In gut erschlossenen Gebieten (vor allem in den nördlichen Voralpen und Alpen) werden Veränderungen in der alpwirtschaftlichen Nutzung (Habitatverluste durch Wald/Weide-Ausscheidung und/oder Intensivierung der Nutzung auf zentralen, Vergandung auf peripheren Flächen) und Störungen durch Freizeitaktivitäten zunehmen.
In zahlreichen Gebieten (vor allem südlich der Alpen) wird die Nutzung gänzlich aufgegeben. Entsprechend den lokalen Gegebenheiten verschiebt sich aufgrund der Vergandung der Lebensraum des Birkhuhns mit der Waldgrenze nach oben oder die Art verschwindet lokal. Eine weitere Zunahme der Störungen durch Freizeitaktivitäten und/oder durch Erschliessungen ist zu befürchten.
Modellierungen der Verbreitung unter dem Einfluss des Klima- und Landnutzungswandels geben Hinweise auf Arealverluste, insbesondere an den tiefer liegenden Arealgrenzen und eine Ausdünnung der Verbreitung in der westlichen Landeshälfte.
Schutzstatus
Rote Liste CH: NT, potenziell gefährdet
Priorität CH: B2, potenziell gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Jagd: Kantone GL, GR, SG, TI, VD, VS
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)
2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung
Laufende Schutzmassnahmen und Programme
Im Kanton Wallis wurden im Rahmen des NFA erste Habitataufwertungen von Birkhuhnlebensräumen realisiert.
Forschungsprogramme
- Die Entwicklung des Brutbestands wird im Projekt „Alpenschneehuhn und Birkhuhn: Bestandsaufnahmen in ausgewählten Gebieten der Schweizer Alpen“ dokumentiert (Auftraggeber: BAFU, Sektion Jagd, Wildtiere und Waldbiodiversität).
- In verschiedenen Kantonen (Graubünden, Tessin, Waadt) werden zudem spezielle Überwachungsprojekte durch die Jagdverwaltungen durchgeführt. Für den Kanton Tessin erfolgt die Aufarbeitung und Analyse der Daten in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Vogelwarte.
- An der Universität Bern wurde ein umfangreiches Forschungsprogramm durchgeführt, in dem u.a. Aspekte erforscht wurden, die für Schutz- und Förderungsprogramme relevant sind (Habitatansprüche, Auswirkungen von Störungen).
Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
- Wintersport-Aktivitäten führen zu Stress beim Birkhuhn und verhindern die Besiedlung von günstigen Gebieten entsprechend ihrem Potenzial. Es kommt auch immer wieder zu Kollisionen mit Kabeln von Transportanlagen. Spezifisch auf die Bedürfnisse der Art ausgerichtete Wildtierruhezonen sind deshalb eine wichtige Förderungsmassnahme für das Birkhuhn.
- Vielerorts verändert sich die Vegetationsstruktur nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung negativ, weil das kleinflächige optimale Mosaik von locker stehenden Bäumen, Zwergstrauchflächen und Wiesen/Weiden sich in Richtung grossflächiger Grünerlenbestände oder geschlossenem Wald entwickelt. Der Entwicklung kann mit einer extensiven Beweidung durch Rinder unterstützt durch forstliche Massnahmen entgegen gewirkt werden.
- Basierend auf Daten und Zählungen muss sorgfältig abgeklärt werden, wie ein negativer Einfluss der Bejagung auf den Bestand dieser potenziell gefährdeten Art vermieden werden kann.
Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
- Schaffen von winterlichen Ruhezonen von mind. 40 Hektaren Grösse in vom Wintertourismus beeinträchtigten Birkhuhnlebensräumen.
- In Lebensräumen, in denen eine fortschreitende Schliessung des Lebensraums festzustellen ist, sind Habitat-Öffnungsmassnahmen und Beweidungsmassnahmen prüfen.
- Untersuchung zum Einfluss der Jagd auf die Populationsdynamik.